Jiddischer Lieder-Abend (14. November 2015)
Poesie aus einem verborgenen Matriarchat.
Die Frau im jiddischen Lied und Gedicht.
Eine musikalische-poetische Zeitreise.
Vorgetragen von Dorothea Baltzer (Gesang und Rezitation), Hanno Botsch (Klavier und Violine) und Andres Buchholz (Bass).
Das Haus der regionalen Geschichte auf der Burg in Kastellaun bietet am 14. 11. 2015 in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V. und dem Förderkreis Synagoge Laufersweiler e.V. einen besonderen Lieder-Abend.
Beginn ist um 19.00 Uhr. Der Eintritt beträgt 8.00 Euro
Tel.: 06762 407214 – info@unterburg-kastellaun.de
Kastellaun: Trio lässt das jiddische Lied erstrahlen
Zu einem Abend mit „Poesie aus einem verborgenen Matriarchat – Die Frau im Jiddischen Lied und Gedicht“ hatte das „Haus der regionalen Geschichte auf der Burg in Kastellaun“ eingeladen.
Faszinierend und zum Nachdenken anregend zugleich war der Auftritt des Trios um Hanno Botsch (links) in Kastellaun. Gemeinsam mit Dorothea Baltzer und Andreas Buchholz erinnerte er in einfühlsamer Weise auch an die schlimme Zeit der Judenverfolgung im Dritten Reich.
In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck und dem Förderkreis Synagoge Laufersweiler gab es einen interessanten und nachdenklich stimmenden Abend im Rahmen der 15. Jüdischen Wochen. Der Titel, der sich zunächst sehr wissenschaftlich anhört, stand über einem ganz besonderen Liederabend, der das Publikum zu einer poetische Zeitreise voll lyrischer Schönheit und gekonnt eingesetztem jüdischem Humor mitnahm.
Museumsleiterin Jutta Kipfmüller versprach den Gästen einen Abend für alle Sinne, der von starken Frauen in der jüdischen Gesellschaft erzählt. Das Trio um Hanno Botsch, der vielen aus der Waldeck-Szene bekannt sein dürfte, machte zu Beginn deutlich, dass man den Abend, gerade auch im Hinblick auf die furchtbaren Geschehnisse in Paris, als Völker- und Kulturverständigung sehe. Botsch hatte die Idee und Redaktion zum Gesamtkonzept des Abends. Er war es auch, der Hintergründe erklärte und zugleich Geige und Piano spielte. Andreas Buchholz stand am Kontrabass, ließ aber auch gelegentlich seine Stimme erklingen, in den Händen von Carola Federspiel lag die grafische Gestaltung, sie sorgte für die visuellen Eindrücke, indem sie passende Bilder auf eine Leinwand projizierte. Ihre wunderbare Stimme, ob gesanglich oder sprachlich, und ihre geniale Schauspielkunst steuerte Dorothea Baltzer bei, sie machte das Trio perfekt. Ihre spontane Art, ihre wundervolle Stimme und ihr Improvisationstalent gefielen dem Publikum. Zum Vortrag kamen Lieder, Gedichte und Gedanken, die sich mit der Stellung der jüdischen Frau in der Gesellschaft beschäftigten.
Zu Beginn stand das Gedicht: „Eva und der Apfelbaum“, von Itzig Manger, der auch als Prinz der jiddischen Ballade bezeichnet wird. Seine Welt war das jüdische Osteuropa und die jiddische Kultur, er bezeichnete sich selbst als trinkfreudigen Troubadour, auch „Jakob unser Vater begegnet Rachel“ ist aus seiner Feder. Das jiddische Lied „Still, die Nacht ist voller Sterne“ erzählt die Geschichte der Partisanin Vitka Kempner aus dem litauischen Ghetto Wilna, es wurde von Hirsh Glik 1942 geschrieben und avancierte zur Hymne jüdischer Widerstandskämpfer. Dieses und andere Partisanenlieder sind ein Beweis dafür, dass es auch weiblichen Widerstandskampf gab. Auch „Das Mädchen vom Wald“, ein Gedicht von Abraham Suzkever, handelt von mutigen Partisaninnen.
Wunderschön anzuhören war das Wiegenlied „Dremlen Feigl (Es träumen die Vögel) oder Sheyn vi die levoneh (Schön wie der Mond) von L. Rudnitzki, die neben ihrer ganzen Poesie sehr zum Nachdenken anregten. Auch Liebeslieder gehörten zum abwechslungsreichen Repertoire der Gruppe. „Bei mir bist du schön“, „Schön wie der Mond“ oder „Oh, Mamme, bin ich verliebt“, wurden mit viel Herz und Gefühl aber auch immer mit einer Prise Humor interpretiert.
Die musikalisch-poetische Zeitreise erzählte sehr viel von der gesellschaftlichen Stellung der Frau. Beim genauen Hinhören auf die Bedeutung der Texte wurde deutlich, dass die Frauen selbstbewusst ihren Weg gingen. Bei der Lyrik begeisterte die blumige, fantasiereiche Sprache. Die humorvollen Worte waren ebenso Teil der Werke wie der schmerzliche Reim, der an die schlimmen Zeiten von Vernichtung und großer Verzweiflung erinnerte. Es war ein Abend, der verborgene Schätze der jiddischen Lyrik zu Tage förderte, die selten zu Gehör gebracht wird. Es war eine spannende Entdeckungsreise in die Welt der jiddischen Dichter, die das begeisterte Publikum zu schätzen wusste. Den Zuhörern bereitete es ein großes Vergnügen, die Geschichten der Frauen des Judentums zu verfolgen.
Gisela Wagner